Rügen – Meine Insel der Erinnerungen.
Und ein paar Tage Zeit um darin zu schwelgen.

Wann war ich das letzte Mal an der Ostsee bzw. auf Rügen im Urlaub? 2017 mit meinem Schatz. Das war aber kein Urlaub. Es war Oktober, wir haben für 2 Musikvideos hier gedreht und waren nur zum Arbeiten am Strand.

Hier seht Ihr das Video “Momente im Leben”

Und hier das Video: Das Beste

 

Und hier die Drehharbeiten zum Video:

Und nun bin ich seit langer Zeit mal wieder hier. Den dritten Tag und ich hatte bisher weder das Bedürfnis zu posten, noch zu schreiben. Nur filmen will ich ganz viele Momente, um sie für einen kleinen Film festzuhalten. Der ist aber noch nicht fertig 😉

Glücksmomente

Jetzt gerade im Moment bin ich total glückserfüllt. Mein Bruder spielt Gitarre, singt voller Hingabe seine Songs. Mein Papi sitzt daneben. Im Liegestuhl liegt meine Freundin und lauscht und Mami werkelt in der Küche und macht Kaffee. Und ich fange nun endlich an zu tippen was mir so durch den Kopf und mein Gefühl geht.

Meine Eltern fahren jedes Jahr mit der halben Familie hierher, nach Lobbe auf die Insel Rügen. Mein Schatz und ich haben uns immer ausgeklinkt, weil es halt auch anstrengend ist, mit so vielen Parteien in einem hellhörigen Haus.

Und in diesem Jahr hatte ich irgendwie Sehnsucht. Danach ein paar Tage bei meinen Eltern zu sein, die Erinnerung an Kindertage aufleben zu lassen. Daran wie wir mit Windfang und Kühltasche zum Strand gedackelt sind. Und ich habe das Gefühl ich möchte auch dort mit ihnen sein und Zeit miteinander verbringen.

Sonnenaufgang auf dem Weg nach RügenSpontantrip

Der Kalender lässt es zu. Ich habe ein paar Tage keine wichtigen Termine und plane, am Sonntag früh um 4 Uhr zu starten. Dann bin ich zum Frühstück da. Ich will sie überraschen und freu mich wie ein Kind auf den Moment, in dem ich auf den Hof fahre und die verwunderten Gesichter sehe.

Ich hab definitiv zu viel Gepäck für die paar Tage, aber egal. Die Autobahn ist frei und ich bin echt aufgeregt. Die Strecke nach Rügen bin ich unzählige Male gefahren. Ich weiß noch wie magisch ich es immer fand, in den Tag hinein zu fahren. Als ich um 04.15 Uhr das Haus verlasse bin ich etwas enttäuscht, dass es schon fast hell ist. Dennoch bekomme ich das zu sehen und zu fühlen was ich mit meinem frühen Aufstehen geplant hatte. Die hinter den Wolken auftauchende Sonne, Nebelfelder im Morgenlicht und freie Bahn. Einfach magisch.

Übersetzen

Kurz vor der Rügen Fähre fahr ich tanken, hole frische Brötchen und dann ist es nur noch etwa eine Stunde bis zum Ziel. Mit der Fähre auf die Insel überzusetzen ist besonders. Mit dem Ablegen vom Festland beginnt ein anderes Gefühl. Eines das loslässt vom Alltag, von den Dingen die erledigt werden sollten, so als würde man sie wirklich einfach an Land lassen.

Ich lass mir den Ostseewind um die Nase wehen und werde immer aufgeregter. Meine Güte. Hihi…. Dann fahre ich durch die schönen Inselalleen und beginne, Erinnerungen in mir aufleben zu lassen.

Seit ich 10 Jahre alt bin, fahre ich in den Ferien an diesen Ort. Hier haben wir als Familie das Strandleben hinter einem Windfang ausgekostet. An diesem Strand war ich dann auch Jahre später mit Freunden und wir haben Blindekuh und Verstecken gespielt. Damals konnte man die Windfänge über Nacht stehen lassen. So waren sie ideal zum Verstecken, wenn nach 16 Uhr die meisten Leute den Strandtag beendeten. Wir blieben oft bis 19 Uhr, manchmal sogar wenn es regnete. Das ist auch heute für mich eine Lieblingsstrandzeit. In der Saison gehe ich gern morgens und abends für 2 Stündchen runter, um die Ostsee ohne Touristenandrang zu sehen und zu spüren.

Ferienerinnerungen

Mami vor dem Fischerhaus auf RügenAuf Rügen bin ich jedes Jahr, 8 Wochen lang, in den Schulferien zu Hause gewesen. Am Anfang war unser Feriendomizil ein einfaches Fischerhaus mit einem Außen-Plumps-Klo und undichten Dielenfußböden, unter denen sich Mäuse versteckt haben. Einen Sommer hab ich mal eine gefangen und sie als mein Haustier gehalten. Als ich nach Hause musste, hab ich sie wieder freigelassen. Silberfischchen und Spinnen gehörten auch zu ständigen Mitbewohnern. Jeden Abend saß ich vor dem Schlafengehen auf meinem Bett und scannte die Wände. Jede Spinne musste erstmal aus meinem Schlafgemach entfernt werden, damit ich beruhigt die Augen zumachen konnte.

Die Zeiten ändern sich

Meine Familie hat dieses Fischerhaus Stück für Stück saniert und angenehm bewohnbar gemacht. Jedes Pfingsten, jedes Ostern waren wir hier, es wurde gebaut und gewerkelt, damit man dann wieder Urlaub machen konnte. Inzwischen haben sich die Dinge verändert. Ungeklärte Besitzverhältnisse machen es schwer in die Zukunft zu blicken und möglicherweise ist dies das letzte Mal, dass wir gemeinsam hier Urlaub machen. Auch das war ein Beweggrund, mich auf den Weg hierher zu machen.

Aber die Erinnerungen bleiben

Damals sind wir bei jedem Inselaufenthalt mit der ganzen Familie, inklusive Tanten und Onkels durch die Zickerschen Berge gewandert, waren an der Steilküste angeln oder Fisch direkt am Hafen in Gager holen. Meine Eltern hatten sogar ein altes Klavier hergebracht, damit ich in den Ferien üben kann. Im Haus gegenüber wohnte ein Junge, der mich mit dem Fernglas beobachtete. Später wurde er ein Brieffreund. Er hieß Uwe. Leider haben wir keinen Kontakt mehr, dabei wüsste ich gern was er jetzt so macht.

Der Strand ist nur etwa 200m von unserem Haus entfernt und es war völlig normal, dass wir Kinder  ständig allein im Dorf unterwegs waren. Und auch wenn es verboten war (wir wussten das als Kinder nicht) sind wir oft zur Steilküste gelaufen, hochgeklettert und runtergerutscht. Der Sand rutschte so schön. Aus heutiger Sicht so unglaublich gefährlich und für die Natur absolut schädlich. Damals hat keiner drüber nachgedacht. Wir Kinder schon gar nicht.

Und mit der Zeit ändert sich alles

Das Dorf Lobbe von 1988, mit dem alten kleinen Konsum, der Postfrau, zu der ich immer meine Briefe gebracht habe. Die mich im Laufe der Jahre kannte und mir auch immer gleich meine ankommenden Briefe zur Seite legte (gestern auf dem Weg vom Strand ist sie mir begegnet). Von dem wie es mal war ist nicht mehr viel übrig. Es ist alles touristischer, strukturierter, teurer, bebauter. Die Lobber Bucht ist dennoch eine der schönsten. Wenn der Strand auch schmaler geworden und in Textil- Hunde- FKK Segmente unterteilt worden ist und hier und da Strandkörbe die freie Sicht bis Göhren oder Thiessow verdecken.

Die Liebe war immer dabei

Als ich 14 war, bin ich im „Fischerstrand“ (später Octopussi, dann Plan B) zur Disco gegangen. Ich bin sogar einmal aus dem Fenster geklettert, um heimlich nochmal hinzugehen, nachdem ich um 22.00 Uhr zu Hause sein musste. Ich hab im halbrunden Kino „Total Recall“ gesehen, war in den Barkeeper Alf verknallt und hab sogar mit ihm rumgeknutscht. Als er mir dann erzählte er hätte eine Freundin, bin ich heulend aus der Disco gelaufen. Noch heute erinnere ich mich an diesen Abend, wenn ich irgendwo Zigarettenrauch von der Marke rieche, die Alf damals geraucht hat.

In Lobbe habe ich mit 16 das erste Mal Urlaub mit meinem ersten festen Freund gemacht und Jahre später hier eine große unerfüllte Liebe kennengelernt, die aber von meiner noch größeren Liebe, meinem jetzigen Schatz abgelöst wurde, mit der ich natürlich auch schon hier war… lach…

Hier habe ich mit meiner damaligen Band auf dem Zeltplatz gespielt, viele schlimme Momente mit Menschen erlebt, die aus heutiger Sicht einfach nicht besser mit mir und Situationen umgehen konnten. Und ich selbst war schon gar nicht fähig diese Situationen zu handhaben, wie ich es heute tun oder versuchen würde. Ich war viel zu wenig bewusst, über das was da passiert und viel zu ängstlich für mich selber einzustehen. Manche Situation würde ich heut gern noch einmal beobachten, um mich selbst besser kennen zu lernen.

Allein am StrandNachsaison und neues Erleben

Nach einer langjährigen Beziehung und der Zeit mit der Band bin ich ein paar Jahre gern allein für ein paar Tage auf Rügen. Meist nach der Saison, im September.

Frei von allem, ohne Anhang war ich dann einfach nur ich. Ich hatte einige Urlaubsflirts, die romantischer nicht sein konnten. Eine Nacht mit M. am Strand Lagerfeuer, wo wir uns liebten wie in einem Film. Verzeiht meine Direktheit, aber ich mag es gerade, es so zu beschreiben wie ich es erlebt und gefühlt habe. Eine Woche mit A., einem Musiker, den ich in seinem Bungalow besuchte und mit dem ich auch echt wilde Stunden verlebt habe. B.F. durch den ich erfahren durfte, dass es keine unbelebten Stellen auf der Insel gibt, an denen man sich ungestört körperlichen Sehnsüchten hingeben kann…. Lach… Ihr müsst ja auch denken, was ist denn das für eine Seite an Clara…. Nun ja.. in 33 Jahren wird man ja auch erwachsen und darf auch auf dieser Ebene erleben und genießen. Und das habe ich getan.

Mit allen diesen wundervollen Menschen bin ich heut noch befreundet und über alle habe ich Lieder geschrieben, lach. Die sind jedoch noch nie öffentlich hörbar gemacht worden. Ich glaub, ich muss gleich mal reinhören. Dann kommen bestimmt noch mehr Erinnerungen.

Wenn ich nicht allein auf Rügen war, dann mit meiner Freundin Leni. Wir haben es uns zu zweit kuschelig gemacht, am Kamin stundenlang gesessen, gegessen und gequatscht. Fernab vom Alltag in unserer Mädchenwelt.

Ein halbes Leben in Lobbe

Dieser Ort hier, Lobbe, dieses Haus, der Strand, die Insel Rügen, hat so viel Anteil an meinem Leben. Hier gab es in über 30 Jahren so viel Erleben, Schmerz, so viel Sehnsucht, Freude, Begegnung, Entspannung…. Lobbe könnte ein eigenes Buch bekommen. Aber dafür hab ich doch schon zu viel vergessen. Und vielleicht ist das auch gut so.

Ich bin dabei, Frieden mit allem zu machen. Loszulassen und Abschied zu nehmen von allem was mal war und keine Rolle mehr spielen sollte. Hier sein zu können ohne das „Früher“, sondern nur im „Jetzt“ Und das gelingt mir gut mit dieser spontanen Reise.

Kennt Ihr die Filme vom Immenhof?

Inzwischen hat sich alles verändert. Ich bin verheiratet, war seit 4 Jahren nicht mehr hier und das Haus hat seit einem Umbau für Fremdvermietung einen Teil von dem zu Hause Gefühl für mich verloren. Inzwischen wird es so vermietet, dass es kaum möglich ist, allein hier zu sein. Vor etwa 6 Jahren haben wir mit Freunden hier mal ein Workshopwochenende veranstaltet, das war auch eine tolle Zeit. Ich muss immer an die Immenhof Filme denken. Die ersten Filme, da wo der Immenhof zu einem Pony-Ferienhotel wird. Die hab ich geliebt. In den letzten Filmen kommt Dalli zurück auf den Hof und nichts ist mehr so wie in der Jugend. So fühle ich mich manchmal. 30 Jahre später.

Während ich hier sitze und tippe, essen meine Eltern und mein Bruder zu Mittag. Nudeln mit Putenfleisch. Für mich, als inzwischen vegan lebend, keine Option. Wir sitzen alle drin. Es regnet heut schon den ganzen Tag. Ich höre mit einem Ohr zu. Schaue immer mal wieder rüber, beobachte und genieße. Dass sie da sind. Dass wir alle hier sind und ich bin dankbar. Und innerlich klopfe ich mir auf die Schulter, dass ich diesem Impuls gefolgt bin, mich auf den Weg hierher zu machen. Auch wenn es immer wieder mal Situationen gibt, die mich daran erinnern, warum ich einige Jahre nicht mit hierher gefahren bin.

Nicht alles ist Genuss

Viele verschiedene Charaktere. Nicht alle kommunikativ in der Tiefe, viel Bewertung, viel Verurteilung. Früher ging mir vieles so nah, weil ich es gern harmonisch habe. Heute übe ich einfach bei mir zu bleiben, zu beobachten und anzunehmen was ist und wie jeder Einzelne ist. Nichts persönlich zu nehmen, mich weniger einzumischen in Dinge, die mich nicht betreffen.

Es gelingt mir schon ganz gut. Wenn auch noch nicht zu 100 %. Es ist immer noch schwer auszuhalten wenn sich Personen untereinander nicht verstehen, sich Dinge vorwerfen. IDennoch schaffe ich es ganz gut, mich im rechten Augenblick abzukoppeln, um mich nicht schlecht zu fühlen, weil es Energie zieht.

Ich nehme meinen Laptop und geh trotz des nieseligen Wetters nach draußen. Oh ja, ich mag den Wind und finde hier draußen mehr Ruhe. Die anderen sitzen vor dem Fernseher. Papi macht Mittagsschlaf. Ich überlege, ob ich mich auch hinlege, ein bisschen müde bin ich schon, bin ja fast jeden Tag seit 6 Uhr auf. Aber ich möchte wach bleiben. Und alles aufschreiben.

Die Vergangenheit zieht vorbei

eingemummelt auf der WieseEingemummelt in meine Fleece Jacke schau ich auf die vor mir liegende Wiese. Sehe das Volleyballfeld, die Tischtennisplatte von früher. Die Hollywoodschaukel, die schon lange nicht mehr da ist. Den alten Schuppen, der einem Neubau weichen musste. Ich sehe das Nachbarhaus, als es noch ein einfaches Bauerngehöft war. Erwin, der uns Kinder immer fragte: „Wilsste n´Drücker? Und uns dann mit Daumen und Zeigefinger am Ohrläppchen packte und kurz aber liebevoll zudrückte. Ich erinnere mich an die Holperstrasse und dass dort immer Hühnerköpfe lagen, wenn Schlachtetag war. Für mich eine sehr unangenehme Erinnerung. Ich sehe Goldie, die Dackeldame die fast jeden Sommer süße Welpen hatte, was für uns Kinder eine kleine Sensation war.

Später wurde das Haus gegenüber abgerissen und ein Hotel gebaut. Wieder ein paar Jahre später, als Erwin und Goldie nicht mehr lebten wich das alte Nachbarhaus neuen großen Häusern mit Ferienwohnungen.

Alles ist im Wandel. Vieles vergeht, wird erneuert. Und wir sind jetzt gerade hier, so wie früher. Auf Rügen. Mami, Papi und ich. Na und meine Brüder und Dieter.

Tag 1

Als ich am Sonntag ankomme bekomme ich genau das Gesicht von meiner Mami, dass ich mir vorgestellt habe. Verwundert, dass da ein silberner Nissan um die Ecke fährt, der so aussieht wie ihr eigenes Auto und dann ein dickes Grinsen. Die Überraschung ist gelungen. Ich freu mich so.

Ich hab Zeit bis Freitag. 5 Tage. Muss ganz früh dann los, weil ich am Nachmittag ein Fotoshooting habe. Ich hab keinen Plan, keine Erwartungen, bin einfach hier und es ist als wäre ich abgekoppelt von meinem Leben zu Hause.

Mittags macht Papi sich fertig für seine tägliche Fahrrad-Tour und ich fahre spontan mit. Ich bin überhaupt nicht müde und hab Lust auf Bewegung. Papi ist echt fit mit seinen 80 Jahren. Er radelt über den Waldweg in Richtung Thießow und ich habe Mühe an ihm dran zu bleiben. Bergauf, bergab, links der Strand, auf dem Weg viele andere Urlauber und uiiii…. Sommermüllgeruch an manchen Stellen. Wir fahren durch den Ort, am Zeltplatz vorbei und ich genieße die Meerluft und das Inselflair. Genau wie früher. Papi dreht eine Extrarunde während ich eine Pause und meine Asanas im Grünen mache. Dann sitzen wir noch eine Weile auf einer Bank, reden über uns und dies und das. Dann radeln wir zurück.

Urlaubsgefühl

Am Abend hat mein Bruder ein paar Freunde zum Grillen eingeladen. Es gibt viel Fleisch und Alkohol und ich klinke mich aus und gehe zum Strand. Die meisten Sonnenanbeter sind schon weg und die Bucht liegt ruhig in der Abendsonne vor mir. Ich denke an vergangene Momente genau hier.

Bis 21.00 Uhr bleibe ich. Dann wird es mir zu frisch und ich mache mich auf den Rückweg. Auf unserem Gehöft sind alle am Feiern und Singen. Dieter spielt Akkordeon, mein Papa dazu auf der Mundharmonika und einer von den Gästen hat sein Saxophon dabei. Eigentlich wollte ich ins Bett, aber mich zieht es doch noch an den Tisch. Ich setze mich, höre zu, singe ein paar Oldies mit und bewundere Dieter, wie er sein Akkordeon spielt und Papi mit seiner Munti. Alles ist ungezwungen und entspannt. Ein Urlaubsabend wie aus dem Bilderbuch.

Gegen halb elf mach ich mich auf ins Bett. Ich bin müde und will auch gern früh aufstehen. Ich entscheide mich aber dafür, den Wecker nicht zu stellen und so lange zu schlafen bis ich von allein wach werde.

Tag 2

Um 6.30 Uhr werde ich wach. Genial. So eine gute Zeit zum Aufstehen und zum Strand zu gehen. Mein Papi ist auch schon wach. Mit dem Handtuch auf der Schulter treffe ich ihn in der Küche. Er sagt, er will heut mit meinem Bruder baden gehen. Er ist schon seit 4 Tagen hier und war noch nicht im Wasser. Ich entscheide mich, auch auf meinen Bruder zu warten und mit den beiden mitzugehen. Bis dahin unterhalten Papi und ich uns in der morgendlichen Ruhe und ich freue mich wieder einmal, da zu sein.

morgens am StrandIch bin warm angezogen, denn ich kann noch nicht einschätzen wie die Temperaturen hier auf Rügen so am Morgen, tagsüber und am Abend sind. Gestern Abend war es so kühl, dass ich mich jetzt lieber einmummle. Da ich gerade nicht so gut laufen kann, wegen meiner Hüfte, nehme ich das Rad und fahre bis zum Strandabschnitt mit den roten Strandkörben. Die beiden Männer laufen am Strand entlang. Wir treffen uns dort. Inzwischen ist es halb 8. Mein Bruder geht jeden Morgen baden. Ich empfinde die Luft als noch zu kalt für mich und ich bleibe auf meinem Handtuch sitzen und schaue zu wie die beiden ins Wasser gehen. Die Sonne kommt hinter den Wolken hervor und ist erstaunlich warm. Und mir ist auch ungewöhnlich warm. Kurzerhand ziehe ich mich aus und laufe zum Ufer. Ich bin etwas erstaunt über mich selber, aber ich hab plötzlich total Lust auf Schwimmen.

Jetzt sein

Früher war ich eine Wasserratte, später überhaupt nicht mehr. Ich kann stundenlang am Wasser sitzen ohne das Bedürfnis reinzugehen. Heute zieht es mich hinein. Es dauert ein Weilchen, ein paar huhs und aahs und dann lass ich mich in die ruhige See gleiten. Ich hatte ganz vergessen wie schön das ist. Und je länger ich drin bin, desto angenehmer wird die Temperatur. Ein paar kleine Quallen geiten an mir vorbei und im Gegensatz zu früher find ich das gar nicht schlimm. Ich bin ganz erfüllt von Dankbarkeit und Wohlgefühl. Wieder so ein Glücksmoment. Papi, Brüderchen, ich, Morgensonne, menschenleerer Strand bis auf uns, im Wasser treiben lassen und an nichts denken als daran, diesen Moment einfach bewusst zu erleben und zu genießen.

Papi und Brüderchen machen sich nach dem Trocknen auf den Rückweg. Ich bleibe noch. Begebe mich in meine Asanas, während neue Strandbesucher, Zweibeiner, Vierbeiner den Tag am Strand begrüßen. Hinter mir erwacht auch das Bademeisterleben und als ich fertig bin, beginne ich meine Sachen zusammen zu packen. Plötzlich steht ein Mann vor mir und sagt mir, dass ich bitte mein Fahrrad woanders parken müsste, denn jetzt beginnt der Dienst und laut Vorschrift darf ich es nicht direkt am Strand abstellen.

Zeitlosigkeit

Okay, kein Problem, ich bin ja eh schon im Aufbruch. Während ich mein Fahrrad abschließe frage ich ihn, den Bademeister, ob es denn in Ordnung sei, wenn ich bis 9 Uhr mein Rad hier parke und er sagt das sei okay. Vorn stehen halt Schilder, dass es nicht erlaubt ist und wenn einer damit anfängt, dann steht hier bald alles voll, weil sich keiner mehr dran hält. Verständlich. Wir kommen ins Gespräch und reden über… naja… wie man schön sagt „Gott und die Welt“. Ich erfahre, dass dieser Job hier ehrenamtlich gemacht wird und wie weit es bis zur gegenüberliegenden Insel ist und… ach … noch so dies und das und komme erst 2 Stunden später zu Hause an.

Am Nachmittag fahren Mami, Papi und ich mit den Rädern nach Göhren. Wir bummeln die Strandpromenade entlang. Ich kaufe Papi ein Eis, wir machen ein paar Besorgungen, u.a. brauche ich unbedingt Aloe Vera Gel für mein sonnenverbranntes Gesicht (nach nur einem Nachmittag) und trinken Kaffee im italienischen Café. Einfach ein schöner Nachmittag. Und der nächste lange Glücksmoment.

Überraschung

Als wir zurück kommen wartet eine Überraschung auf mich. So wie ich meine Eltern überrascht habe, so bekomme ich jetzt ungeplanten Besuch von meiner Freundin Leni. Dennoch bin ich im ersten Moment etwas befangen, weil ich befürchte, dass ich meine Zeit jetzt aufteilen muss. Und ich wollte doch hier sein, um mit meinen Eltern Zeit zu verbringen. Aber nach diesen ersten Bedenken und einer Sortierung meiner Gedanken und Gefühle weiß ich, dass ich nichts aufteilen muss. Sondern dass ich in mich reinhören darf und sollte was mir in jedem neuen Augenblick wichtig ist. Was ich machen möchte und mich danach richten darf. Und das kommuniziere und mache ich dann auch und es gibt dadurch auch wieder einfach total schöne gemeinsame Momente. Für mich, miteinander und überhaupt.

Tag 3

Am Dienstag fahren wir nach unserem morgendlichen Strandbesuch nach Thießow zum Rügen Markt. Meine Mami will etwas für meine Schwester kaufen und Papi hat von Dieter den Auftrag, Quarkkäulchen mitzubringen. Ich entdecke einen Stand mit verschiedensten Lakritzvariationen und kaufe eine Tüte voll für meinen Schatz. Ansonsten merke ich, dass ich nichts kaufen mag. Ich habe alles was ich brauche und genieße es, mit meinen Eltern zusammen zu sein. Da ist es mir fast egal wo wir sind und was wir machen. Es ist ungewohnt und einfach schön, so viel Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich nehme es einfach an und bin dankbar dafür.

jeder macht seinZwischen unseren Fahrradausflügen macht jeder seins. Papi verschwindet hin und wieder einfach und geht schlafen, Mami bereitet Essen vor, ich tippe ein paar Zeilen für diesen Blogeitrag oder liege mit Leni im Liegestuhl und wir wälzen unsere Themen. Alles irgendwie total entspannt und unkompliziert. Ich bin ganz selig und irgendwie auch verblüfft wie easy sich die Tage gestalten. Ja klar gibt es auch hier und da mal Spannungen, Diskussionen und Disharmonien. Aber die kann ich echt gut an mir vorbei ziehen lassen. Am Abend spielen wir Rommé. Lachen, naschen und ich sammle Punkte und verliere. Aber nur das Spiel. Ansonsten gewinne ich so viele weitere Glücksmomente.

Tag 4 +  1

Am Donnerstag ist es den ganzen Tag trübe und relativ kalt. Leni fährt um 6 Uhr nach Hause. Ich gehe trotz des Wetters morgens zum Strand, trotze dem Wind und mache an dem durch die Wellen heute schmalen Strand meine Übungen. Bleibe aber nur eine Stunde, denn es ist ungemütlich und mir wird kalt. Ich warte nicht mal auf Volker, den Bademeister für unseren morgendlichen Schnack und trolle mich nach Hause. Dort trödeln alle irgendwie vor sich hin und keiner weiß so recht etwas mit diesem Tag anzufangen. Ich vermisse es, draußen sein zu können, während es so vor sich hin nieselt. Die Stimmung ist müde und träge…

Morgen früh muss ich nach Hause. Ich überlege, ob ich schon heute Abend fahre und meinen Schatz überrasche. Oder bleibe ich noch, um den letzten Abend gemeinsam mit den anderen zu verbringen? Die Wetter App zeigt ab morgen wieder besseres Wetter hier an der Küste, dafür aber nicht in der Heimat. Und das Fotoshooting welches ich machen werde sollte mit Abendsonne sein. Ich schreibe meine Kunden an und frage, wie sie das sehen, ob sie auch ohne Sonne shooten möchten oder ob wir um ein paar Tage verschieben sollen. Sie entscheiden sich fürs Verschieben und schenken mir damit einen Tag. Da alle am Samstag nach Hause fahren, bleibe ich also auch bis Samstag.

Tag 5

Ich will gar nicht, dass diese Zeit zu Ende ist. Obwohl ich spüre, dass es eh nicht ewig so weitergeht. Irgendwann gibt es immer den Punkt, wo das was so schön ist auch gewöhnlich wird und ich habe das Gefühl, dass der Punkt bald erreicht sein könnte.

Es ist okay, wir hatten 4 wunderbare Tage hier auf Rügen. Ich sollte loslassen. Aber ich mag auch noch nicht fahren. Ich würde gern noch aus diesem Freitag einen erfüllten letzten Urlaubstag machen. Wir müssen jedoch packen und das Haus reinigen bevor wir abreisen. Ich schlage allen vor, dass wir am Vormittag das alles erledigen und dann das Wetter nutzen und nochmal alle gemeinsam mit dem Rad eine Tour machen. Alle sind einverstanden. Gegen zwölf ist alles erledigt und um halb zwei machen wir uns auf den Weg nach Alt Reddevitz. Hier war ich viele Wochen jeden Tag in den Ferien auf dem Ponyhof Püppi und habe meine Zeit bei den Pferden verbracht.

Alt Reddevitz it so ein schöner Ort. So aufgeräumt und sauber, einfach malerisch. Wir fahren am Bodden entlang und dann einen Plattenweg bis zum Having Haus  und dann bis es nicht mehr weitergeht und die Ostsee vor uns liegt. Ein wirklich wunderschöner Aussichtspunkt hier auf Rügen. Und eine ganz schöne Herausforderung. Meine Mami und ich müssen einige Male absteigen und schieben, weil wir nicht mal im ersten Gang den Berg hinauf fahren können. Aber der Weg lohnt sich für die Aussicht auf das Umland.

Dem Urlaubsende entgegen

Having Haus Alt ReddevitzWir trinken Kaffee und die „Kerle“ essen Fisch. Dann machen wir uns auf den Heimweg. Das war eine ganz schöne Tour, aber der perfekte Abschluss für diese gemeinsame Zeit auf meiner Insel Rügen. Wehmütig packe ich meine Sachen ins Auto. Stelle das Mietrad zur Abholung bereit und nehme Abschied. Vor allem von diesem Haus. Denn wegen familieninterner Unschönheiten werden wir in Zukunft hier nicht mehr herkommen. An diesen Ort, der mein zweites zu Hause war. Zum Glück habe ich schon vor ein paar Jahren das Band gelockert, als es sich zeigte, dass es Schwierigkeiten geben würde. Und so steige ich relativ zügig ins Auto und fahre Richtung Heimat.

Schon die ganzen letzten Stunden habe ich den Wunsch, dieses Zusammensein zu wiederholen. Ich muss gleich mal meine Schatz fragen ob er Lust hat, dass wir im nächsten Jahr gemeinsam mit meinen Eltern auf die Insel Rügen fahren. Dieser Ausblick schmälert meine Wehmut, jetzt wegzumüssen und ich freue mich dass wir diese Zeit hatten.

Und ein Jahr später, verbringe ich mit meinen Eltern ganze 2 Wochen auf der Insel. In einem anderen Ferienhaus. Und meine Highlights kommen bald in einem anderen Artikel.