Zuerst die gute Nachricht: Ich hab den 2.Platz beim Winsener Liedermacherfestival gewonnen. Yeah….
Und ich bin glücklich und dankbar und freue mich über den Preis und über den schönen Abend den wir alle hatten. Über tolle Menschen, die ich eim Liedermacherfestival kennen lernen durfte und darüber, dass ich Freude hatte, während ich auf der Bühne war.
Eine schlechte Nachricht gibt es nicht, nur wieder ein paar Gedanken mit denen ich so zu tun habe, wenn es um mich und meine Musik geht.
Aber von vorn
Vor 2 Jahren hab ich meine Bewerbung für das Winsener Liedermacherfestival abgegeben, weil ich dort gern auftreten wollte. Durch Corona wurde alles abgesagt bzw. verschoben und erst jetzt in 2022 weitergeführt. Hätte mich Petra Golly vom Konzerte in Winsen e.V. nicht angeschrieben und gefragt, ob ich nicht meine Bewerbung für dieses Jahr nochmal einreichen möchte, wär das irgendwie an mir vorbeigerauscht. Also vielen Dank erst einmal dafür.
Eine von fünf
Da ich bisher noch nicht so viele Möglichkeiten hatte, irgendwo dabei zu sein, wo ich schon mal in der Vorauswahl bin, (jedenfalls im Verhältnis zu dem wo ich mich schon beworben habe) freue ich mich riesig, zu den 5 Nominierten zu gehören und zum Glück ist mein Kalender am Festivalwochenende auch noch frei. Juchuuu…
5 Stunden Fahrt und dann am Abend auftreten. Das erste Mal mit Ukulele, das zweite Mal am Klavier. Ich komm halt nicht drumrum, wenn es um handgemachte Musik geht. Also versuch ich es so gut wie ich es kann. Das Wichtigste jedoch was ich mir vorgenommen habe ist, dass ich das was ich singe und spiele auch fühle. Also dass ich nicht nur da sitze und versuche es gut zu machen, sondern auch Freude dabei zu empfinden.
Ankommen und Aufbauen
Ich bin die erste, die im Marstall in Winsen ankommt. Vor Ort erwartet mich ein Team von engagierten, herzlichen Menschen des Vereins Konzerte in Winsen e.V., die ehrenamtlich dieses Festival vorbereiten und durchführen.
Aufbau und Soundcheck laufen mit Hilfe von Bernd, Dirk und Graham perfekt. Alles sind super lieb und es ist ein schönes Arbeiten. Tolle Technik auf der Bühne, tolles Licht, ein schöner Klang, ich fühl mich wohl.
Vergleichen geht nicht
Nach mir trudeln so nach und nach die anderen Künstler und Künstlerinnen ein. Ich hab mir auf dem langen Weg schon ein paar von Ihnen auf Spotify angehört. Sehr interessante Mitstreiter und Mitstreiterinnen mit toller Musik. Wir sind alle so unterschiedlich, dass man uns nicht vergleichen kann. Egal ob in der Art der Lieder, in der Stimmfarbe, der Art zu texten. Das was gleich ist, wir haben alle Inhalte, die tiefgründig sind und sich mit dem Leben auseinandersetzen.
Wettbewerbe sind eigentlich nicht mein Ding. Vor allem, wenn es darum geht als Künstler oder Künstlerin gegeneinander anzutreten. Statt vielleicht miteinander. Ich denke Kunst kann und sollte man nicht bewerten. Jeder Künstler, jede Künstlerin steht aus meiner Sicht für sich. Mit dem was er oder sie erschafft und von sich gibt. Am Ende ist jede Entscheidung für eine künstlerisch darstellende Person eine Geschmacksfrage.
In Winsen entscheidet an diesem Abend das Publikum, wer das Preisgeld erhalten und im nächsten Jahr zu einem Konzert nach Winsen kommen soll. Bewusst wurde mir das erst, nach meiner Bewerbung. Ich dachte ein Liedermacherfestival, da tritt man einfach auf. Hab erst später geschnallt, dass es auch was zu gewinnen gibt. Nun ja, aber da ich ausgewählt wurde, war ich natürlich total froh dabei sein zu dürfen und neben 4 weiteren Künstlerkollegen und Kolleginnen auf der Bühne zu stehen. Und Wettbewerb hin oder her, wenn ich nicht einfach mitmache, werd ich auch nicht gehört… lach.
Also einfach dabei sein
Worum geht es heute? Also ich denke es geht in erster Linie um Unterhaltung. Das Publikum wählt, was ihm gefällt. Bin ich für Unterhaltung die Richtige? Ja und Nein. Lach… Für leichte Unterhaltung nicht, für Unterhaltung bei der man ins Nachdenken kommt schon. Das bieten aber alle die heute hier auftreten und ich befinde mich somit in bester Gesellschaft.
Was kann ich?
Wenn ich mich selbst betrachte, dann weiß ich um meine Schwächen. Ich hab zwar mal einige Jahre Klavierunterricht gehabt und kann Dir ein paar Etüden spielen. Aber meine eigenen Songs virtuos und und ausarrangiert begleiten. Das kann ich einfach nicht. Könnte ich es? Ja, wenn ich täglich lange üben würde. Nehm ich mir die Zeit dafür? Nein. Und wenn ich ehrlich mit mir bin, hab ich da einfach keine Lust drauf.
Möchte ich ein ganzes Konzert nur am Klavier performen? Nein. Also mach ich es zur Zeit so wie ich es eben kann. Ganz simple Klavierbegleitung. Ohne SchnickSchnack. Ein erstes Lied mit meiner Ukulele und wenn ich durch regelmäßiges Üben endlich mal Hornhaut an meinen Fingerkuppen hab, dann vielleicht auch mal mit der Gitarre. Ich singe aber am liebsten einfach gern zu Musik vom Band, solange wie ich keine eigene Band habe. Da kann ich mich einfach aufs Singen konzentrieren und alles genießen.
Eine weitere Schwäche: Aufregung! Gerade dann wenn ich „bewertet“ werde. Kalte, schwitzige klebrige Finger, zittrige Stimme…. Ahhhh… Tief durchatmen, zurück kommen zu mir, einfach erinnern dass ich doch gerne meine Lieder singe, egal wer vor der Bühne sitzt oder auf der Bühne nach mir dran sein wird.
Dritte Schwäche: zu wenig Selbstvertrauen. Und zu viel von dem Wunsch, alles richtig machen wollen.
Meine Stärken …mmmh…. ich sitze hier vor dem PC und sinniere vor mich hin. Wenn Du mich fragst was meine Stärke ist, dann kann ich sie Dir aus eigenem Ermessen gar nicht so richtig nennen. Also ich meine, so was richtig besonderes, was eben nur bei mir so ist. Egal. Ich glaube dass einfach jeder von uns sein Publikum hat und findet, weil es bei bestimmten Menschen eben ins Herz geht. Weil jeder auf seine Art einzigartig ist.
Tolle Kollegen und Kolleginnen
Marie Luise Gunst, z.B. schreibt über Depressionen. Ihre Texte sind tief und ehrlich und voller Verletzlichkeit und schaffen Aufmerksamkeit für das Thema mit „ungewöhnlich“ schönen Liedern und einer warmen unaufdringlichen Stimme. Zusammen mit Stefan Hasselmann, Ihrem Partner und Gitarren- und Mundharmonika- Begleiter bilden sie ein Duo mit wirklichen wichtigen Botschaften.
Fräulein Frey schreibt reflektierend über Empfindungen und Beobachtungen und singt mit einer kraftvollen und astrein klaren Stimme in Höhen, die ich in der Art niemals erreichen könnte. Gemeinsam mit ihrem Bruder Henning schickt sie eine lebensbejahende Energie in den Raum und füllt ihn bis zum Rand mit Geschichten und Gedanken, denen man sich nicht entziehen kann und will.
Borby Flemming besticht durch seine unprätentiöse Art und seine Leichtigkeit mit der er seine Lieder ins Publikum schickt. Ich lausche ihm und beobachte ihn wie er in seinem Gesang und seinem Gitarrenspiel versinkt und fühle wie der Stress von mir weicht, weil er einfach tut was er tut. Da sein und Musik machen, es scheint so mühelos und macht einfach Freude dabei zu sein.
Und dann ist da noch Falk, dieser coole Typ bringt herzerweichende Lieder, traurige Themen und sehr persönliche Geschichten aus seinem Leben zu Gehör. Im einen Augenblick möchte man zuhören und mitfühlen und im anderen lostanzen. Ganz unverschnörkelt steht und singt er über das was das Leben ihm gegeben und genommen hat. Und damit erreicht er das Publikum und holt sich den ersten Platz.
Mathias Wildenbruch, der Sieger vom Vorjahr führte gemeinsam mit Petra Golly durch den Abend und verpackte unsere Künstlerbiografien in tolle Reimansagen. Herrlich! Eine tolle Wertschätzung. Und er selbst als Liedermacher eröffnete den Abend mit einem lustigen Lied mit Kampfansage und einem kritischen Song über seine Heimat, der am Ende eher zum Schmunzeln einlud und das Publikum war spürbar offen für seine Kritikpunkte.
Na und mittendrin beim Winsener Liedermacherfestival: ich. Unsicher am Anfang und voller Glück am Ende, zwischen so großartigen Künstlern und Künstlerinnen auch mitwirken zu dürfen und zu können. Trotz aller Unsicherheit und Aufregung.
Was will ich
Mein Ziel war ja, zu fühlen was ich da mache. Und ich hab es zu 75 % geschafft. Mit kleinen Abweichungen, weil mich hier und da ein Patzer rausgehauen hat, durch meine schwitzigen Finger oder einen komischen Ton. Absolut beflügelnd waren die Momente hier beim Liedermacherfestival, in denen ich wahrnehmen konnte, dass mir das Publikum wohlgesonnen ist. Ich meine es am Applaus gehört zu haben. Jedenfalls hat mir das Mut gemacht, dass ich hier richtig bin und das was ich mache bei den Menschen im Herzen oder auch im Kopf ankommt.
Abgesehen davon, ist es immer wieder eine meiner Hauptübungen einfach so zu sein wie ich bin und nichts zu wollen. Können wollen, bezwecken wollen, besonders gut machen wollen. Das ist nämlich echt anstrengend, finde ich und nimmt den Spaß an der Sache. Aber hier hab ich´s so geschafft dass ich total zufrieden bin.
Diese Reise zum Winsener Liedermacherfestival hat sich gelohnt. Ich hab tolle Menschen getroffen, hab mich getraut, hatte Freude, hab das Publikum erreichen können und einen tollen 2.Platz gemacht.
Am nächsten Morgen treffe ich mich noch mit einer zukünftigen Geschäftspartnerin zum Frühstück. Wir machen Pläne, während wir in der Sonne an der Alster sitzen und dann fahre ich im schönsten Herbstlicht selig nach Hause.
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